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Mobilfunk-Firmen schließen Funklöcher

Die Aufschrift «Kein Netz» ist auf dem Bildschirm eines Mobiltelefons zu sehen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Wer durch Deutschland wandert, dürfte nicht mehr so häufig im Funkloch landen wie früher. Denn der Mobilfunk-Ausbau läuft auf Hochtouren. Das liegt auch am Schulterschluss der Netzbetreiber.

Deutschlands Telekommunikationsbranche kommt beim Schließen von Funklöchern auf dem Land etwas voran.

Die Deutsche Telekom und Vodafone gaben am Dienstag ein Zwischenergebnis für eine Kooperation bekannt: Als Folge dieser Zusammenarbeit verschwanden seit Sommer 2021 im Bundesgebiet mehr als 2000 «graue Flecken». Mit «grauen Flecken» ist gemeint, dass dort nur einer der drei deutschen Netzbetreiber funkt – Kunden der anderen beiden haben dort keinen 4G-Empfang. Es geht je zur Hälfte um Standorte von der Telekom und von Vodafone. Wer also zum Beispiel das Vodafone-Netz nutzt, hat deutschlandweit nun gut 1000 Funklöcher weniger.

Die beiden Firmen setzen dabei auf das sogenannte Network Sharing, bei dem sie sich gegenseitig auf die Antennen lassen. Bis Sommer 2022 wollen sie 1000 weitere graue Flecken schließen.

Laut Bundesnetzagentur umfassen die grauen Flecken noch 6,44 Prozent der Fläche Deutschlands. Dieser Wert ist vom Januar. Das waren 0,36 Prozentpunkte weniger als im Oktober 2021. Der Fortschritt dürfte größtenteils auf das Konto der Zusammenarbeit zwischen Vodafone und Telekom gehen. Die Unternehmen selbst machen keine Flächenangaben – es bleibt also unklar, wie groß die Landesfläche ist, die wegen der im Sommer 2021 gestarteten Freischaltung nicht mehr grauen Flecken zuzuordnen ist. Schätzungsweise dürfte es mehr als ein Prozent sein.

Den Schulterschluss hatten die Telekom und Vodafone schon 2020 bekanntgegeben. Das Bundeskartellamt hatte damals aber Bedenken – daraufhin kündigten die beiden Firmen an, Antennen auch für Telefónica (O2) zu öffnen, und aus dem Zweierpakt wurde ein Dreierbündnis mit Kooperationen zwischen diesen drei Unternehmen. Das wiederum glättete die Sorgenfalten der Bonner Wettbewerbshüter.

Bei den Kooperationen mit Telefónica ist man noch nicht so weit. Ein Telefónica-Sprecher sagte, dass in den kommenden Monaten die ersten Standorte im Rahmen von Kooperationen aktiviert würden. Insgesamt gehe es um etwa 2000 eigene Antennen-Standorte – ein Teil davon an die Telekom und ein Teil an Vodafone.

Im Gegenzug bekommt Telefónica Zugriff auf die gleiche Anzahl von Antennen-Standorten der Konkurrenz. Die Zahlen sind allerdings nicht eins zu eins vergleichbar mit den Graue-Flecken-Zahlen von Vodafone und Telekom, weil in den Angaben von Telefónica auch neue Standorte in sogenannten weißen Flecken inkludiert sind, wo bisher gar kein Netzbetreiber präsent ist – das Schließen weißer Flecken geht auf eine andere Branchenzusammenarbeit zurück. Die Zahlen von Vodafone und Telekom beziehen sich nur auf die grauen Flecken.

Manager der Provider zeigten sich über die Fortschritte ihrer Kooperation zufrieden. Man schaffe mehr Netz für Deutschland und sei dabei «voll auf Kurs», sagte Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter. Sein Pendant bei der Telekom, Srini Gopalan, betonte, dass man Kooperationen sehr ernst nehme.

Verbraucherschützer werteten die Fortschritte positiv, äußerten aber auch Kritik. Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW wies darauf hin, dass Verbraucher, die in einem Dorf mit bisher nur einem Handynetz lebten, bei der Wahl ihres Netzbetreibers schon seit langem keine Auswahl hätten. «Bessere Angebote anderer Anbieter kommen für sie nicht in Frage – sie sind also in einer schwachen Position.» Die Anti-Funklöcher-Allianz der Mobilfunkbranche sei eine gute Nachricht für Verbraucher – «aber es ist bedauerlich, dass das nicht schon viel früher geschehen ist». Zudem gebe es bei der Flächen-Abdeckung zwar Fortschritte, aber die Branche hätte noch viel zu tun.

Auch die weißen Flecken – also Gegenden ganz ohne 4G-Netz – sollen allmählich von der Landkarte verschwinden. Laut Bundesnetzagentur sind das noch rund vier Prozent der Landesfläche. Hierbei kooperieren die Telekommunikationsfirmen ebenfalls – sie lassen bis zum Jahr 2024 neue Funkmasten bauen, an denen sie alle ihre Antennen hängen können.

Warum machen die Wettbewerber überhaupt gemeinsame Sache? Fakt ist, dass ihre Netzabdeckung dadurch ein Stückchen ähnlicher wird. In einem Dorf mit bisher nur einem Handynetz verliert der Betreiber dieses Netzes sein Alleinstellungsmerkmal und die Dorfbewohner könnten zur Konkurrenz wechseln, wenn deren Netz auch verfügbar ist. Solche Effekte dürfte es zwar geben, sie fallen aber wohl nicht sehr stark ins Gewicht. Viel wichtiger ist, dass die Firmen durch die Bündelung ihrer Ausbaukräfte hohe Kosten sparen und bei der Erfüllung von staatlichen Ausbau-Auflagen schneller vorankommen als zuvor.

Es gibt noch einen weiteren Grund zur Hoffnung, dass es zukünftig weniger Funklöcher gibt als heute. Denn eine Anfang 2021 gegründete «Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft» des Bundes startete unlängst ihren ersten Förderaufruf – für ein Funkloch im Bayerischen Wald liegt nun Fördergeld bereit, damit dort ein Mast errichtet wird.

Zahlreiche weitere Funklöcher will die Bundesgesellschaft mit insgesamt 1,1 Milliarden Euro Fördergeld schließen. Die Einrichtung ist für die Funklöcher zuständig, bei denen die Mobilfunkbranche den Ausbau nicht selbst schultern will. Besagter Förderaufruf macht Hoffnung, dass selbst die «schwierigen Fälle» unter den Funklöchern angegangen werden. Er machte aber auch deutlich, dass der Kampf gegen die «Keine Verbindung»-Anzeige auf dem Handydisplay eine langwierige Sache ist: Der Funkmast, der in der bayerischen Marktgemeinde Lam entstehen soll, wird frühestens Ende 2023 fertiggestellt werden.

Von Wolf von Dewitz, dpa