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EU-Gericht kippt Beschluss zu Amazon-Steuernachzahlung

Der Schriftzug des Unternehmens Amazon. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa)
Im Kampf gegen als illegal erachtete Steuerdeals multinationaler Konzerne muss die EU-Kommission erneut eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Nach Apple jubiliert nun Amazon.

Schwere Schlappe für die Wettbewerbshüter der EU: Der weltgrößte Online-Händler Amazon hat nach einem Urteil des EU-Gerichts nicht von unerlaubten Steuervorteilen in Luxemburg profitiert.

Die zuständigen Richter kippten am Mittwoch eine Anordnung der EU-Kommission, nach der Luxemburg von dem US-Konzern rund 250 Millionen Euro Steuern plus Zinsen nachfordern soll. Nach Auffassung des Gerichts hat die Brüsseler Behörde rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass die Steuerlast einer europäischen Tochtergesellschaft des Amazon-Konzerns zu Unrecht verringert wurde.

Die Anordnung im Fall Amazon hatte die EU-Kommission 2017 beschlossen, nachdem sie im Zuge einer Prüfung zu der Auffassung gelangt war, dass Luxemburg dem Unternehmen von Mai 2006 bis Juni 2014 wettbewerbswidrige Vorteile eingeräumt habe, um es an sich zu binden. Unterm Strich soll Amazon auf drei Viertel seiner aus dem EU-Umsatz erzielten Gewinne keine Steuern gezahlt haben.

Dass die EU-Kommission den Richterspruch akzeptieren wird, gilt als unwahrscheinlich. Vor dem Europäischen Gerichtshof wehrt sich die Brüsseler Behörde bereits gegen ein Urteil, mit dem das EU-Gericht eine Aufforderung an Irland gekippt hat, vom iPhone-Hersteller Apple bis zu 13 Milliarden Euro an Steuern zurückzufordern. Auch im Fall Amazon hat sie ein Einspruchsrecht.

Das Unternehmen selbst reagierte am Mittwoch – wie auch das luxemburgische Finanzministerium – erleichtert. «Wir begrüßen die Entscheidung des Gerichts, die unserer langjährigen Auffassung entspricht, dass wir alle geltenden Gesetze befolgen und Amazon keine Sonderbehandlung erhalten hat», teilte ein Amazon-Sprecher mit.

Die in Kritik geratene europäische Steuerpraxis hat Amazon nach eigenen Angaben aber trotzdem schon geändert. Das Unternehmen versteuert seine Gewinne seit 2015 nicht mehr zentral in Luxemburg, sondern in einzelnen europäischen Ländern. 2020 erzielte Amazon allein in Deutschland knapp 29,6 Milliarden US-Dollar Umsatz (24,4 Mrd. Euro). Weltweit waren es rund 386 Milliarden Dollar.

Für die EU-Kommission ist das Urteil unangenehm, weil es Befürchtungen weckt, dass als unfair und wettbewerbsverzerrend erachtete Steuerdeals in vielen Fällen juristisch nicht zu beanstanden sein könnten. Auch im Fall Apple hatten die Richter des EU-Gerichts entschieden, dass die Kommission nicht ausreichend nachgewiesen habe, dass die Steuervereinbarungen von Apple in Irland aus den Jahren 1991 und 2007 eine verbotene staatliche Beihilfe darstellten.

Gewonnen wurden bislang lediglich ein Verfahren um Steuervergünstigungen für die Fiat-Gruppe in Luxemburg in Höhe von rund 20 bis 30 Millionen Euro sowie am Mittwoch ein Verfahren um eine Steuernachforderung in Höhe von rund 120 Millionen Euro gegen den französischen Energiekonzern Engie. Beide Fälle waren allerdings anders gelagert.

Nur ein schwacher Trost für die EU-Kommission ist, dass die öffentliche Diskussion über die Fälle als einer der Gründe gilt, warum Unternehmen wie Amazon ihre Steuerpraxis mittlerweile geändert haben. Ein Erfolg von Apple & Co. vor dem Europäischen Gerichtshof könnte nämlich dazu führen, dass andere Unternehmen diesem Beispiel nicht folgen und weiter auf Steuervermeidungsdeals setzen. Mehr als 30 fragwürdige Falle hat die EU-Kommission derzeit noch unter Beobachtung.

Das luxemburgische Finanzministerium versprach unterdessen, dass Urteile das Bekenntnis des Landes zu Steuertransparenz und zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken nicht in Frage stellten. Das Land werde sich weiter aktiv und konstruktiv an Diskussionen über eine internationale Unternehmenssteuerreform beteiligen, um gleiche Ausgangsbedingungen zu gewährleisten.

Von Ansgar Haase, dpa