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Estland vor neuem Rekord beim «E-Voting»

Estland vor neuem Rekord beim «E-Voting»
Wahlplakate der Kandidaten der Parlamentswahlen hängen in Tallinn. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Pavel Golovkin/AP)
Demokratie per Internet - in vielen Ländern ist die elektronische Stimmabgabe bei Wahlen übers Netz höchst umstritten. Estland dagegen setzt darauf - mit deutlich wachsender Akzeptanz.

Bei der Parlamentswahl in Estland zeichnet sich ein neuer Rekord beim sogenannten «E-Voting» ab. Bis zum Wahltag am Sonntag haben nach vorläufigen Angaben der Wahlkommisssion in Tallinn fast ein Drittel der Wahlberechtigten in dem baltische EU- und Nato-Land die Möglichkeit zur vorzeitigen elektronischen Stimmabgabe per Internet genutzt – so viele wie zuvor. Darunter waren auch Staatspräsident Alar Karis und Regierungschefin Kaja Kallas. 

«Jeder kann frei entscheiden, wie er bei den Wahlen abstimmen möchte. Ich vertraue dem E-Staat und dem E-Voting genauso wie allen anderen E-Services, von der Bank bis zum Finanzamt. Mein Appell ist einfach: Gehen Sie wählen!», schrieb Karis in dieser Woche auf Facebook nach seiner Online-Wahl in einer Dorfbibliothek in der Gemeinde Põlva. 

Vorreiter beim E-Voting

Estland war das erste Land, das die Stimmabgabe per Internet bei politischen Wahlen zulässt. International ist das Verfahren wegen Zweifeln an der Funktionssicherheit vielerorts umstritten. In Estland hat es sich durchgesetzt: Beim ersten Anlauf bei den Kommunalwahlen 2005 wurden nur knapp zwei Prozent der Stimmen online abgegeben. Diesmal haben nach ersten Daten mehr als 313.000 der gut 965.000 Wahlberechtigen ihr Kreuz elektronisch gesetzt – über 65.000 Menschen mehr als bei den letzten Parlamentwahlen 2019.

Für das «E-Voting» benötigten die 1,2 Millionen Esten einen Computer, eine ID-Karte und ein spezielles Kartenlesegerät. Die Abstimmung dauert nur wenige Minuten: Nach dem Download der App von Webseite der Wahlbehörde identifiziert sich der Wähler per PIN-Code, stimmt ab und verifiziert die Wahl mit seiner digitalen Unterschrift – fertig.  Alternativ kann auch ein Mobiltelefon mit spezieller SIM-Karte zur Identifizierung verwendet werden. 

Anders als beim traditionellen Urnengang kann sich der Wähler bis zum Wahlschluss nochmals umentscheiden –  nur die zuletzt abgegebene Stimme zählt am Ende. Geht er am Wahltag, an dem kein «E-Voting»  mehr möglich ist, in ein herkömmliches Wahllokal und gibt einen Papierstimmzettel ab, wird die online abgegebene Stimme annulliert. Die endgültigen Ergebnisse des «E-Voting» sind daher erst nach der Schließung der Wahllokale und einer doppelten Abstimmungskontrolle verfügbar.