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Datenschutz-Beschwerde wegen gezielter Politik-Werbung

Parteien sollen im Bundestagswahlkampf 2021 der Datenschutz-Organisation noyb zufolge das sogenannte Microtargeting auf Facebook verwendet haben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Illustration)
Parteien nutzen umfassende Daten über Wählerinnen und Wähler für ihre Kampagnen, insbesondere in den Social-Media-Netzwerken. Dabei dürften aber nicht die politische Ansichten ausgewertet werden, sagt noyb.

Die internationale Datenschutz-Organisation noyb hat im Namen von mehreren deutschen Staatsbürgern beim Berliner Landesdatenschutzbeauftragten Beschwerde gegen sechs Parteien eingereicht. Betroffen sind die CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AFD, Die Linke sowie die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). In den Beschwerden wird den Parteien vorgeworfen, die Betroffenen im Bundestagswahlkampf 2021 rechtswidrig mit personalisierten Wahlversprechen angesprochen zu haben.

Die Parteien sollen dabei das sogenannte Microtargeting auf Facebook verwendet haben, also das gezielte Ausspielen von Werbung an bestimmte Personengruppen. Facebook habe dabei im Hintergrund die politische Ansichten der Nutzerinnen und Nutzer ausgewertet. Damit hätten sowohl die Parteien, als auch das soziale Netzwerk gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen, erklärte Max Schrems. Der österreichische Jurist ist Gründer der europäischen Datenschutz-Organisation noyb («none of your business»).

Facebook-User gezielt mit politischer Werbung konfrontiert

Datenauswertungen von noyb hätten ergeben, dass bei der Bundestagswahl 2021 Facebook-User gezielt mit politischer Werbung adressiert wurden. Dies sei per se zwar nicht verboten. Allerdings seien politische Meinungen nach Artikel 9 der DSGVO besonders geschützt und dürften nicht Grundlage einer gezielten Werbeansprache sein.

«Die DSGVO schützt Daten zur politischen Einstellung von Personen besonders streng», sagte Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei noyb. «Solche Daten sind nicht nur extrem sensible, sondern erlauben auch großflächige Manipulation von Wählern, wie Cambridge Analytica gezeigt hat.»

Cambridge Analytica war eine britische Datenanalysefirma, die persönlichen Daten von Millionen von Facebook-Nutzern ohne deren Zustimmung gesammelt hatte. Das Unternehmen verwendete diese Daten unter anderem im Umfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016 und der britischen Brexit-Abstimmung, um psychografische Profile der betroffenen Nutzer zu erstellen und gezielte politische Werbung zu betreiben.

In den Beschwerden beim Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit fordern die Betroffenen, dass ein Verstoß der Parteien gegen die DSGVO festgestellt wird. Außerdem sollen die politischen Akteure dazu verpflichtet werden, die personenbezogenen Daten der Beschwerdeführer nicht weiter zu verarbeiten. Außerdem verlangen die Betroffenen, dass die Behörde eine «wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Geldbuße» gegen die Parteien verhängen.